Die betriebliche Altersstrukturanalyse und -prognose und kostenfreie Instrumente zur Durchführung

Altersstruktur in den Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie

Der Anteil der älteren Beschäftigten in den Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, wie aus Abbildung 1 hervorgeht. Lag die Anzahl der Beschäftigten im Alter von 60 Jahren und älter im Jahr 2000 noch bei 84 900 Personen, so ist sie seit dem Jahr 2006 auf 350 508 Personen im Jahr 2020 angestiegen. Im Jahr 2006 wurde der erste Demografie-Tarifvertrag abgeschlossen: Der Tarifvertrag zur Gestaltung des demografischen Wandels in der Stahlindustrie (von 2006) verpflichtet die Betriebe, alle drei bis fünf Jahre eine Altersstrukturanalyse für einzelne Organisationseinheiten durchzuführen und listet Beispiele für abzuleitende Maßnahmen auf [7]. Ähnliche Hinweise enthält der Tarifvertrag »Lebensarbeitszeit und Demografie« der Chemischen Industrie von 2008 [8].

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Die betriebliche Altersstrukturanalyse und -prognose

Die betriebliche Altersstrukturanalyse und -prognose ist ein Instrument der strategischen Personalplanung. Sie gibt Auskunft über die aktuelle Altersstruktur der Belegschaft und ermöglicht durch Fortschreibung der Daten den Blick auf die künftige Altersstruktur der Belegschaft. Als Frühwarnsystem liefert die Altersstrukturanalyse und -prognose anhand konkreter Zahlen Anhaltspunkte für folgende personalpolitische Fragenstellungen [5, 6]:

  • In welchen Bereichen des Unternehmens ist welche Personalund Altersstruktur vorhanden und welche Entwicklung ist abzusehen?
  • Welche Beschäftigtengruppen und welche Funktionsbereiche (z. B. Ingenieure, Facharbeiter, Entwicklung & Konstruktion, Vertrieb) weisen schon einen größeren Anteil an Älteren auf? Wo muss der erforderliche Bedarf an Qualifikationen frühzeitig gesichert werden?
  • Welche Wissens- und Erfahrungsträger stehen wann vor der Verrentung? In welchen Bereichen oder für welche Funktionen muss im Rahmen der Nachfolgeplanung für eine rechtzeitige Weitergabe von (Erfahrungs-)Wissen gesorgt werden?

Zu einer Altersstrukturanalyse und -prognose gehören [5, 6]

  • die Bestandsaufnahme der aktuellen Belegschaftsstruktur nach Alter und möglichst auch nach Qualifikation,
  • die Fortschreibung der Daten und somit eine Prognose ihrer voraussichtlichen Entwicklung — üblicherweise für die kommenden 5 bis 10 Jahre — sowie
  • die Auswertung und Interpretation der Zahlen, um betriebsspezifischen Handlungsbedarf, der sich an den Unternehmenszielen und der Unternehmensstrategie orientiert, abzuleiten.

Um detaillierte Informationen zu erhalten, ist es je nach Größe des Unternehmens sinnvoll, die Altersstrukturanalyse und -prognose nicht nur für das Gesamtunternehmen, sondern differenziert durchzuführen, beispielsweise nach Unternehmensbereichen, nach Funktionen, nach Qualifikationen oder nach Standorten.
Sinnvollerweise wird die Altersstrukturanalyse durch eine Qualifikationsbedarfsanalyse ergänzt. Es gibt zwar Altersstrukturanalyse-Tools, die auch die betriebsbezogenen Qualifikationen der Beschäftigten erfassen; aber erst die Qualifikationsbedarfsanalyse ermöglicht es, aus dem Abgleich der Anforderungen der Arbeitsaufgabe (Soll-Qualifikationen) und den Ist-Qualifikationen des Beschäftigten den erforderlichen Qualifizierungsbedarf abzuleiten. Das ist beispielsweise bei der Nachfolgeplanung notwendig.

Drei kostenfreie Tools zur Altersstruktur- analyse und -prognose im Vergleich

Die folgenden excelbasierten Altersstrukturanalyse-Instrumente können Unternehmen kostenfrei aus dem Internet herunterladen und für eigene Zwecke nutzen. Nutzungs- und Lizenzbestimmungen enthalten weitere Hinweise.

Fazit

Die drei vorgestellten Instrumente zur Altersstrukturanalyse und -prognose können kostenfrei genutzt werden, sind online verfügbar bzw. können heruntergeladen werden und einfach in der Handhabung. Handlungsanleitungen geben Hinweise zur Durchführung. Die eingegebenen Daten werden automatisch berechnet, die Ergebnisse werden übersichtlich in Zahlen und Grafiken visualisiert. Die Ergebnisse können gespeichert und ausgedruckt werden.
Die drei Instrumente bieten eine unterschiedliche Bandbreite an Möglichkeiten. Der Altersstrukturcheck der MA&T Organisationsentwicklung GmbH [1] ist ein einfaches Tool zur Berechnung der Altersstruktur des Unternehmens oder auch eines Bereiches. Es bildet die Altersstruktur in Alterskohorten »heute«, in 5 und in 10 Jahren ab. Ziel dieses Tools ist eine erste Sensibilisierung der Verantwortlichen für altersstrukturelle Herausforderungen. Die Daten werden manuell eingegeben. Die Handlungsanleitung beschreibt mögliche Risiken, die sich aus unterschiedlichen Altersstrukturen ergeben können und führt mögliche Handlungsoptionen auf. Ein kostenloser Download des Tools ist nach vorheriger Anmeldung mit Login möglich.
Der Demografie-Rechner Niedersachsen der IHK Osnabrück, Emsland, Grafschaft Bentheim [2] ist ebenfalls ein Tool, das sich ausschließlich auf die Altersstruktur bezieht. Die Daten werden manuell eingegeben. Es ermöglicht einen Vergleich der Altersstruktur des Unternehmens mit der Altersstruktur verschiedener Branchen und Regionen. Das kostenfreie Tool eignet sich ebenfalls für eine erste Sensibilisierung. Unternehmen, die den Demografie-Rechner an ihre betrieblichen Rahmenbedingungen anpassen und um Funktionen erweitern oder mit anderen Anwendungen verknüpfen wollen, können gegen eine Schutzgebühr von 100 Euro eine ungeschützte Version erhalten, die nach eigenen Vorstellungen frei verändert werden kann.
Der DemografieKompass der Technologieberatungsstelle (TBS) NRW [3] ermöglicht über eine Sensibilisierung hinaus eine differenzierte Erfassung und Prognose der Personalstruktur nach Alter, Geschlecht, Qualifikation, Bereich, Betriebszugehörigkeit. Diese Kategorien können verändert bzw. erweitert werden. Das Tool zeigt über den künftigen quantitativen auch den qualitativen Personalbedarf für das gewählte Prognose-Jahr, für das gesamte Unternehmen als auch für ausgewählte Bereiche an. Der DemografieKompass ist ebenfalls einfach zu bedienen und bietet vielfältige Möglichkeiten zur Anpassung der Daten an die eigenen betrieblichen Rahmenbedingungen. Der Import von Daten aus anderen Dateien ist möglich. Neben einer ausführlichen Handlungsanleitung zeigt ein Film anschaulich die einzelnen Schritte.

Links zu den Tools

[1] Altersstrukturcheck MA&T Organisationsentwicklung GmbH, Fachportal Perwiss.de — Personalmanagementwissen Online. www.perwiss.de/altersstrukturcheck.html
Zugegriffen am: 30. Mai 2022
[2] Demografie-Rechner Niedersachsen IHK Osnabrück — Emsland — Grafschaft Bentheim. www.osnabrueck.ihk24.de/container/demografie-rechner-1083010
Zugegriffen am: 30. Mai 2022
[3] DemografieKompass der Technologieberatungsstelle (TBS) NRW. www.demobib.de/bib/index,id,1689.html
Zugegriffen am: 30. Mai 2022

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Ihre Ansprechpartnerin

Nicole Ottersböck Wissenschaftliche Mitarbeiterin Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit ifaa

Dipl.-Soz. Wiss.
Nicole Ottersböck

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Telefon: +49 211 542263-25

Literatur

[4] Gesamtmetall, M+E in Zahlen, Grafiken, Grafik Altersstruktur. www.gesamtmetall.de/branche/me-zahlen/grafiken/altersstruktur-der-beschaftigten.
Zugegriffen am: 30. Mai 2022
[5] Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) Geschäftsstelle Berlin, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (2011) Aller guten Dinge sind drei! Altersstrukturanalyse, Qualifikationsbedarfsanalyse, alter (n) sgerechte Gefährdungsbeurteilung — drei Werkzeuge für ein demografiefestes Unternehmen. Bonifatius Druckerei, Paderborn. 1. Auflage, Nachdruck 2011
[6] Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) (Hrsg) (2015) Leistungsfähigkeit im Betrieb. Kompendium für den Betriebspraktiker zur Bewältigung des demografischen Wandels. Springer, Berlin
[7] Tarifvertrag zur Gestaltung des demographischen Wandels zwischen den Tarifvertragsparteien Eisen- und Stahlindustrie vom 21. September 2006
[8] Tarifvertrag »Lebensarbeitszeit und Demografie« zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. und der IG Bergbau, Chemie, Energie von 2008