
Relevanz psychischer Störungen für die Metall- und Elektroindustrie
Zahlen | Daten | Fakten
Die Prävalenz psychischer Störungen ist hoch

Bundesweit erfüllt mehr als jede*r vierte Erwachsene im Zeitraum eines Jahres die Kriterien einer psychischen Erkrankung. Psychische Störungen sind mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden. Das Thema psychische Gesundheit wird im aktuellen Koalitionsvertrag adressiert und spielt immer noch bei gewerkschaftlichen Erwägungen zu einer sogenannten Antistress-Verordnung eine Rolle. Um Aufschluss über das Vorkommen und die Entwicklung psychischer Störungen im Allgemeinen und im Speziellen für die Metall- und Elektroindustrie zu erlangen, wurde eine Sekundärdatenanalyse von Krankenkassendaten (BKK, AOK) und Rentenversicherungsdaten (DRV) durchgeführt. Die Daten der Deutschen Rentenversicherung zeigen insgesamt einen Anstieg der Inanspruchnahme von Leistungen (Neuverrentung, Inanspruchnahme sonstiger Rehabilitationsleistungen) aufgrund von psychischen Störungen. Die Datenstruktur der gesetzlichen Krankenversicherungen (BKK, AOK) ist zwar nicht direkt vergleichbar, allerdings lassen sich ähnliche Trends ableiten. In beiden Fällen ist ein zurückgehender Anstieg der Arbeitsunfähigkeits-Fälle, jedoch insbesondere ein deutlicher Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstage auf Grund psychischer Störungen zu beobachten. Eine Differenzierung nach
Arten von Störungen konnte dabei nicht vorgenommen werden.
Ausgewählte Ergebnisse
Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie sind im Verhältnis zur Gesamtgruppe der beschäftigten Pflichtmitglieder unterdurchschnittlich von psychischen Störungen betroffen.
- Insgesamt ist der Anstieg der Diagnoseanzahl und der Erkrankungsdauer in der Gesamtpopulation der beschäftigten Pflichtmitglieder höher als in Berufen der Metall- und Elektroindustrie.
- 2020 gingen die Fallzahlen der Arbeitsunfähigkeiten aufgrund von psychischen Störungen erstmals wieder zurück. Durch die gegensätzliche Entwicklung sinkender Fallzahlen und steigender Zahl an AU-Tagen aufgrund von psychischen Störungen ist somit jedoch die durchschnittliche Falldauer überproportional angestiegen. Dieser Trend lässt sich in den ausgewählten betrachteten Berufsgruppen der Metallindustrie als auch für die Gesamtgruppe der beschäftigten Pflichtmitglieder der GKVen beobachten.
- Ebenfalls kann festgestellt werden, dass weibliche Beschäftigte stärker betroffen sind als männliche. Bei den männlichen pflichtversicherten Beschäftigten ist hingegen ein vergleichsweise stärkerer Anstieg der Erkrankungen zu beobachten.
- Die Zunahme der Diagnosen von psychischen Störungen lässt sich jedoch nicht auf eine grundsätzlich steigende Prävalenz dieser Erkrankungen in der Bevölkerung zurückführen. Vielmehr ist ein geändertes und differenzierteres Diagnoseverhalten der behandelnden Ärzt*innen als Grund für die steigenden Diagnosezahlen anzunehmen (Jacobi 2012, dgppn 2021). Für die weiterhin hohe Prävalenz werden insbesondere drei Erklärungsansätze diskutiert, für die sich jeweils empirische Belege finden lassen: (1) eine mangelhafte und nicht ausreichend effektive Versorgung und Prävention psychischer Erkrankungen, (2) eine gestiegene Morbidität, resultierend aus steigenden gesellschaftlichen Risiken, wirkt Erfolgen in der Versorgung entgegen und (3) ein psychologischer Kulturwandel und die abnehmende Stigmatisierung psychischer Störungen führen zu einer gestiegenen Wahrnehmung und Behandlung psychischer Störungen (Thom et al. 2019).
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