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Kleine Führungsspannen

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Die »Führungsspanne« beschreibt, wie viele Mitarbeiter einer Führungskraft unterstehen und von ihr zu betreuen sind. Unter »kleinen Führungsspannen« wird ein überschaubares Verhältnis von Mitarbeitern zu einer Führungskraft verstanden, welches in der Regel im einstelligen Bereich liegt.

Der ifaa-Faktencheck informiert über die Anwendungsfelder, aktuelle Verbreitung, Vorteile und Nachteile, Wirtschaftlichkeit sowie Auswirkung auf Arbeitsorganisation und gibt Hinweise zur Umsetzung.

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Faktencheck | 3 Seiten | PDF | 475 kB

Anwendungsfelder

Kleine Führungsspannen bieten sich insbesondere für folgende Bedingungen an:

  • Aufgaben sind komplex und abwechslungsreich.
  • Klar definierte Tätigkeitsbeschreibungen sowie Zielstellungen liegen nicht vor (beispielsweise bei schlecht planbaren Projekten).
  • Der Koordinationsaufwand ist hoch.
  • Die Einsatzorte liegen geografisch weit auseinander.
  • Die Arbeit weist hohe Varianzen auf (bspw. wenig Gleichmäßigkeit bei Handlungen, Mengen und Terminen).
  • Mehrere Arbeitsschritte bzw. Arbeitsbereiche interagieren miteinander.
  • Die organisationalen Strukturen sind komplex.
  • Die Entwicklung des Mitarbeiters steht im Vordergrund.
  • Mitarbeiter und/oder Vorgesetzte sind neu im Unternehmen.
  • Führungskräfte sind durch nicht-führungsbezogene Aufgaben hoch belastet.
  • Die Arbeit birgt hohe Risiken für die Organisation.
  • Die Eigentümer und die für die Existenz des Unternehmens maßgeblichen Stakeholder (Fremdkapitalgeber, Konzern-Holding, Schlüsselkunden, etc.) verfolgen die Ergebnisse der Organisation kritisch.

Fazit: Kleine Führungsspannen eignen sich gut, um Standards zu entwickeln, eingeführte Standards zu halten und diese im kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), in der täglichen Arbeit, stetig weiter zu entwickeln. Sie tragen zudem maßgeblich dazu bei, die Wirtschaftlichkeit langfristig durch gesteigerte Wertschöpfung zu erhöhen und das Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Führungskräften zu verbessern. Dies gilt sowohl für die Produktion wie für die administrativen Bereiche.

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Aktuelle Verbreitung (Literatur)

  • Führungsspannen US-amerikanischer Unternehmen bis 500 Mitarbeiter liegen durchschnittlich bei 1:4,3. In Unternehmen zwischen 2 000 und 5 000 Mitarbeitern liegen sie bei 1:9,3. (Davison 2003)
  • Das Saratoga Institute nennt einen internationalen branchenübergreifenden Benchmark-Wert von durchschnittlich 9,9 Mitarbeitern je Führungskraft. (Ashiagbor et al. 2012)
  • Im Jahr 2012 lag die durchschnittliche Führungsspanne der »Fortune 500-Unternehmen« bei rund 1:10, während sie Mitte der 1980er-Jahre noch bei etwa 1:5 lag. (Neilson und Wulf 2012)
  • Führungsspannen öffentlicher Stadtverwaltungen liegen in ähnlichen Grenzen: Portland (US-Bundesstaat Oregon, Wert 1994) ca. 1:6
  • Seattle (US-Bundesstaat Washington, Wert 1996) ca. 1:6 und Kansas City (US-Bundesstaat Missouri, Wert 2001) ca. 1:5 (mit einer Spanne zwischen 1:3 und 1:13). (Funkhouser 2002)
  • In staatlichen und kommunalen Einrichtungen von Miami liegen die Spannen zwischen 5 bis 13 Mitarbeitern je Vorgesetztem bei durchschnittlich 6 bis 7 Mitarbeitern. (Glazer-Moon 2010)

Vorteile

  • Einfachere Gesamtorganisation durch kleinere, überschaubare Einheiten und fachlich führende, mitsteuernde Teamleiter.
  • Klare, direkte Zuordnungen und schnelle Kommunikation, dadurch umgehende Reaktion auf Abweichungen.
  • Reduzierte Schnittstellenprobleme.
  • Effizientere Entscheidungsfindung durch Experten direkt vor Ort.
  • Verbesserungen werden schnell erkannt und durch sinnvolle Standardisierung umgesetzt.
  • Komplexität wird besser beherrschbar durch überschaubare, strukturierte Arbeitsinhalte.
  • Stabilere Arbeitssysteme und -prozesse.
  • Mehr Ruhe in der Organisation, dadurch Reduzierung von vor allem kognitiven Belastungen und somit weniger Stress.
  • Bessere Ergebnisse durch KVP und BVW, vor allem Erhöhung der Wertschöpfung durch Vermeidung von Verschwendung.
  • Höhere Mitarbeitermotivation.
  • Sinkende Abwesenheitsquoten.
  • »Echtes Shopfloor-Management« möglich mit unmittelbarer Problembesprechung und -lösung vor Ort in enger Abstimmung zwischen Mitarbeitern und Führungskräften.

Nachteile

  • Eine zusätzliche fachliche Führungsebene wird eingesetzt.
  • Zusätzlicher Qualifizierungsaufwand, um diese fachlichen Führungskräfte auf ihre Tätigkeit vorzubereiten und sie zu unterstützen.
  • Mögliche »Kontrollangst« der Mitarbeiter durch die ständige Präsenz der fachlichen Führungskräfte vor Ort.

Wirtschaftlichkeit

  • Grundsätzlich bedeuten kleinere Führungsspannen zunächst höhere Personalkosten, weil mehr fachliche Führungskräfte benötigt werden.
  • Kleinere Führungsspannen können jedoch die Nutzung vorhandener Potenziale erhöhen und qualitative Verbesserungen fördern, die mit langfristigen Kostensenkungen einhergehen.
  • Die Führungsspanne sollte in den Grenzen zwischen der sehr kleinen führungsoptimalen Spanne (d. h. Spanne mit der bestmöglichen Betreuung der Mitarbeiter) und der größeren organisationsoptimalen Spanne (d. h. kostengünstigsten Spanne) ausgeprägt sein.
  • Positive Effekte kleiner Führungsspannen sind mit klassischen Controlling-Instrumenten oft nicht direkt
  • oder ggf. erst zeitverzögert messbar und schlecht zu prognostizieren. Bewiesen ist jedoch beispielhaft, dass kleine Führungsspannen Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit positiv beeinflussen, wohingegen größere Spannen mit steigender und somit kostenintensiver Fluktuation einhergehen. (vgl. etwa Doran et al. 2004)
  • Andere Studien zeigen, dass die Produktivität um bis zu 20 % in einem Jahr gesteigert werden kann oder sich Leistungsgrade (Vorgabezeit/Anwesenheitszeit der Mitarbeiter) um bis zu 12 % steigern lassen, was sich in besseren Kosten-Nutzen-Verhältnissen niederschlägt. Gleiches gilt für die Verbesserung der Kundenqualität auf Six-Sigma-Niveau und annähernde Halbierung von Durchlaufzeiten. (vgl. Dörich et al. 2016)
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Eigene Darstellung in Anlehnung an Kreitz, Lindstädt, Wolff, 2005

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    »Eine kleine Führungsspanne kostet scheinbar auf den ersten Blick unnötig Geld, eine zu große Führungsspanne kann jedoch – langfristig unbemerkt – wesentlich mehr Kosten verursachen.«

    in Anlehnung an HayGroup, Das richtige Maß bei den Führungsstrukturen finden, o. J.

Auswirkung auf Arbeitsorganisation

  • Die Verantwortung dieser fachlichen Führungskräfte konzentriert sich auf eine kleinere Gruppe untergebener Mitarbeiter. Die Delegation von Fachaufgaben von den übergeordneten Führungskräften (bspw. Meister) auf die unterste Führungsebene (Teamleiter) führt zu Freiräumen bei den übergeordneten Führungskräften.
  • Diese gewonnenen Kapazitäten werden genutzt, um durch »intensive« Führung der Mitarbeiter – im Sinne eines Förderns und Forderns der Mitarbeiter durch die Führungskräfte und eines täglichen gemeinsamen Arbeitens, Verbesserns und Lernens – die unter »Vorteile« genannten Effekte zu erzielen und zusätzliche Potenziale zu heben.

Hinweise zur Umsetzung

  • Verantwortlichkeit je Hierarchieebene und darin eingeordneter Führungskraft muss klar definiert und kommuniziert sein.
  • Fachliches und organisatorisches Rollenverständnis der Führungskraft als Förderer und Fordernder der Mitarbeiter muss sicher verinnerlicht sein, wozu Unterstützung des Top-Managements und spezifische Schulungen einen wesentlichen Beitrag leisten.
  • Führung muss vor Ort erfolgen, direkt sein und auf vereinbarten Regeln, Zielen und Kennzahlen beruhen.
  • Komplexität reduzieren.
  • Prozesse und Arbeitsmittel standardisieren.
  • Standards kontinuierlich verbessern und pflegen.
  • Sicheren Informationsfluss gestalten (Regelkommunikation, Shopfloor Management).
  • Kontinuierliche Weiterentwicklung der Prozesse und Standards.
  • Kostengünstig und flexibel können kleine Führungsspannen bspw. durch die Berufung von Teamleitern zur fachlichen Mitarbeiterführung durch das Unternehmen umgesetzt werden. Diese Aufgaben werden im Rahmen vom ERA-Tarifvertrag bewertet und entsprechend honoriert. Aufwändige arbeitsvertragliche Regelungen sind dann nicht erforderlich.

Allgemeine Literatur zu Organisation und Führung (Auswahl)

Schulte-Zurhausen M (2014) Organisation, 6. Aufl., Vahlen, München

Schmidt G (2011) Organisation – Aufbauorganisatorische Strukturen, 5. Aufl., Verlag Dr. Götz Schmidt, Gießen

Spezielle Literatur mit Fokus auf kleine Führungsspannen (Auswahl)

Ashiagbor V, Takyi-Appiah A, Dzogbenuku SA, Bosompim G (2012) Business Effectiveness Benchmarking Survey – Do you lead or follow? PricewaterhouseCoopers. www.pwc.com/gh/en/pdf/business-effectiveness-benchmark-survey-ghana.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

City of Portland (2014) Citywide Span of Control Study – Final Report, Council Budget Subcommittee, March 2014. portlandtribune.com/documents/artdocs/00003476893929.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

Commonwealth of Australia (2014) Towards Responsible Government. Appendix to the Report of the National Commission of Audit, Volume 3. www.ncoa.gov.au/report/docs/appendix_volume%203.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

Davison B (2003) Management Span of Control: how wide is too wide? Journal of Business Strategy 24 (4):22–29

Doran D, Sanchez McCutcheon A, Evans MG, MacMillan K, McGillis Hall L, Pringle D, Smith S, Valente A (2004) Impact of the Manager’s Span of Control on Leadership and Performance. Canadian Health Services Research Foundation. nursingleadership.org.uk/publications/doran2_final.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

Dörich J, Krautter J, Weber MA, Lennings F (2016) Die »richtige« Führungsspanne – Erfolgsfaktoren für Ganzheitliche Produktionssysteme (GPS) und den nachhaltigen Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP). Betriebspraxis & Arbeitsforschung (227):30-36

Etzioni A (1964) Modern Organizations. Prentice-Hall, New Jersey

Funkhouser M (2002) Performance Audit Span of Control – April 2002. City Auditor’s Office, City of Kansas City, Missouri. www.kcmo.gov/Home/ShowDocument. Zugegriffen: 26. April 2016

Gittell JH (2001). Supervisory Span, Relational Coordination and Flight Departure Performance: A Reassessment of post-bureaucracy Theory. Organization Science 12 (4):468–483

Glazer-Moon J (2010) FY 2010–11 Span of Control Analysis. Memorandum Miami-Dade County, September 2010. www.miamidade.gov/auditor/library/OCA_FY_10-11_Span_Control_Analysis.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

Hamilton I (1921) The Soul and Body of an Army. Edward Arnold & Company, London

McDowell T, Kolesnikov X, Taylor O, Talya A, Bain M (2015) Relieving the overwhelmed Organization – How measuring Supervisory Burden in your Organization Structure can boost Performance. Deloitte. www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/co/Documents/human-capital/Relieving%20the%20overwhelmed%20organization.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

Neilson G, Saddi J, Couto V, Pigorini P (2003) Management Spans and Layers – Streamlining the Out-of-shape Organization. Booz Allen Hamilton. www.strategyand.pwc.com/gx/en/insights/2002-2013/management-spans-layers/strategyand-management-spans-and-layers.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

Neilson G, Wulf J (2012) How many direct Reports? Harvard Business Review 90 (4):1–9

Ontario Hospital Association (2011) Leading Practices for Addressing Clinical Manager Span of Control in Ontario. Provincial Health Human Resources Strategic Plan 2008-2011, February 2011. studylib.net/doc/8753384/leading-practices-for-addressing-clinical-manager-span-of.... Zugegriffen: 26. April 2016

Public Knowledge Inc., The Kemp Consulting Group (1994) City of Portland Span of Control Study, prepared for the City of Portland Audit Services Division. efiles.portlandoregon.gov/Record/4119165/File/Document/. Zugegriffen: 26. April 2016

Sahni S, Kappagoda S, Toma A, Dayal R (2008) A principal Look at Cost Cutting. The Boston Consulting Group Opportunities for Action — Financial Institutions. www.bcg.com/documents/file15242.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

Urwick, LF (1956) The Manager’s Span of Control. Harvard Business Review, May-June:39–47

WMC Consultants (2015) Organizational Span of Control Review. Toronto Transit Commission, Organization Review, Final Report. www.ttc.ca/About_the_TTC/Commission_reports_and_information/Commission_meetings/2015/September_28/Reports/Organizational_Span_of_Control_Review_%28includes_attachment%29.pdf. Zugegriffen: 26. April 2016

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