Nachhaltiges Produktivitätsmanagement
ZAHLEN | DATEN | FAKTEN
Mehr Klimaschutz und Wohlstand
Nachhaltiges Produktivitätsmanagement berücksichtigt ökonomische, ökologische und soziale Aspekte. Mit Hilfe der Kohlendioxidproduktivität als Optimierungsgröße lässt sich die Effektivität und Effizienz des Ressourceneinsatzes messen, vergleichen und steuern. Durch die Optimierung dieser Zielgröße werden Klimaschutz- und Wohlstandsziele gleichermaßen berücksichtigt. Im Beitrag wird die globale, nationale und betriebliche Situation mit Zahlen, Daten und Fakten beleuchtet. Zudem werden Empfehlungen für eine erfolgreiche Entwicklung gegeben.
Aufgabenstellung
Aufgrund der Angst vor den Folgen des Klimawandels fordern Akteure aus Politik und Gesellschaft mehr für den Klimaschutz zu tun, um die Zukunft folgender Generationen nicht zu gefährden. Gleichzeitig soll aber auch der Wohlstand der Menschen erhalten oder ausgebaut werden. Daraus ergibt sich die Forderung nach einem nachhaltigen Produktivitätsmanagement.
Im Produktivitätsmanagement geht es darum, einen angestrebten Output von Gütern und Dienstleistungen zur Bedürfnisbefriedigung im Verhältnis zu den dafür eingesetzten Inputfaktoren (z. B. Mensch, Maschine, Material, Energie) zu optimieren. Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang ein Handlungsprinzip, bei dem eine dauerhafte Bedürfnisbefriedigung durch die Bewahrung der eingesetzten Ressourcen sichergestellt werden soll.
Im politischen Fokus steht aktuell die Forderung nach der Reduzierung von Treibhausgasen, die das Umweltsystem der Erde gefährden. Die Kohlendioxidemissionen haben mit fast 90 % den größten Anteil an den von Menschen erzeugten Treibhausgasen.
Kohlendioxid entsteht vor allem bei Verbrennungsprozessen. Diese können mit fossilen (z. B. Öl, Kohle, Gas) oder regenerativen (z. B. Holz) Brennstoffen erfolgen. Daneben existieren noch weitere Treibhausgase, wie beispielsweise Methan. Für eine Bilanzierung von Treibhausgasemissionen auf globaler, staatlicher oder organisatorischer Ebene werden alle Treibhausgase in äquivalenten Kohlendioxidmengen ausgedrückt.
Soll der Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und Wohlstand aufgelöst werden, ist eine gleichrangige Beachtung beider Zielsetzungen notwendig. Dies kann durch ein ausgewogenes Zielsystem (Balanced Scorecard) sowie Zielgrößen in Form von Verhältniskennzahlen (z. B. CO2-Produktivität) erfolgen. Nachhaltig verbessert werden kann nur das, was auch gemessen wird. Für die Planung und Erfolgskontrolle von Strategien und Maßnahmen sind also Kennzahlen erforderlich. Dies gilt auch für Wirtschafts- und Klimaschutzstrategien. Egal ob auf politischer, gesellschaftlicher oder betrieblicher Ebene. Hierzu bieten sich die CO2-Produktivität sowie die Humanproduktivität an.
CO2-Produktivität
Ein gemeinsames Ziel aus ökologischer und ökonomischer Perspektive ist der möglichst effiziente und schonende Einsatz von knappen und kostenverursachenden Ressourcen. Für die wirtschaftliche Leistungserstellung sind dies die Ressourcen Mensch, Maschine, Material und Energie. Aus der Perspektive des Klimaschutzes steht die Reduzierung von eingesetzter Energie im Fokus, bei deren Erzeugung oder Nutzung Kohlendioxid als Emission freigesetzt wird. Energie wird für die Erstellung von Gütern und Dienstleistungen benötigt, die einen bestimmten monetären Wert haben.
Mit den geschilderten Zusammenhängen lässt sich eine Kennzahl »CO2-Produktivität (CO2P)« definieren. Diese setzt den Wohlstand, gemessen an der monetär bewerteten Wertschöpfung (Output) in ein Verhältnis zu den als Input eingesetzten, klimaschädlichen Ressourcen (Rohstoffe, Energie), die mit den emittierten Kohlendioxidmengen bewertet werden:
Mit dieser Kennzahl lassen sich ökonomische und ökologische Aspekte verbinden. Sie ist ein Leistungsindikator für die Effizienz des Ressourceneinsatzes — unabhängig von Konjunktur-, Bevölkerungs- oder Beschäftigungsveränderungen. Diese können Veränderungen der absoluten Emissionswerte verursachen, die jedoch keine Rückschlüsse auf die Effektivität und Effizienz des Ressourceneinsatzes zulassen. Die CO2-Produktivität kann zudem relativ einfach auf unterschiedlichen Ebenen (Welt, Region, Länder, Sektoren, Unternehmen) ermittelt werden.
In Deutschland wurde von der Politik ein neues Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz deklariert. Dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass wirtschaftliche und klimaschutzbezogene Interessen gleichrangig verfolgt werden sollen. Für ein solches Ministerium müsste die CO2-Produktivät der deutschen Wirtschaft eine wichtige Zielgröße und Kennzahl zur Erfolgsmessung der politischen Arbeit darstellen.
Humanproduktivität
Der Wohlstand von Menschen innerhalb eines Systems (Region, Staat, Unternehmen) kann durch den Wert der pro Kopf zur Verfügung stehenden Güter und Dienstleistungen gemessen werden. Wohlstand muss erst durch Wertschöpfung erarbeitet bzw. erwirtschaftet werden. Unabhängig von der Verteilung des Wohlstands innerhalb eines Systems, lässt sich ein durchschnittlich pro Mensch verfügbarer Wohlstand innerhalb eines Systems berechnen. Dieser ergibt sich aus der realisierten Wertschöpfung im Verhältnis zu der Anzahl Menschen, die einem System zugeordnet werden. Dieser Wert ist gleichzeitig ein Maß für die Humanproduktivität (HP) eines Systems:
Von der Humanproduktivität zu unterscheiden ist die in amtlichen Statistiken ausgewiesene Arbeitsproduktivität. Diese dient zur Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit der arbeitenden Menschen innerhalb eines Systems. Aufgrund des sinkenden Anteils der Erwerbstätigen in Gesellschaften lässt diese keinen Rückschluss auf den Wohlstand und die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems zu. Die Arbeitsproduktivität ist lediglich ein Leistungsindikator für ein Teilsystem, nämlich die Teilmenge der Erwerbstätigen. In Deutschland machte diese Gruppe 2022 etwa 54 Prozent der Bevölkerung aus [7]. Die Humanproduktivität setzt die von dieser Teilgruppe realisierte Wertschöpfung ins Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Bei Produktivitätskennzahlen für Unternehmen muss die Wertschöpfung analog zu allen Beschäftigten ins Verhältnis gesetzt werden und nicht nur zu den direkt wertschöpfenden Produktionsmitarbeitern.
Erfolgsformel
Um gleichzeitig mehr Wohlstand und Klimaschutz bei steigender Anzahl Menschen sicherzustellen, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:
- CO2P-Wachstum > WS-Wachstum und
- HP-Wachstum > 0.
Damit wird erreicht, dass mit steigender Wertschöpfung die absoluten CO2-Emissionen sinken und im Durchschnitt ein höherer Wohlstand für alle Menschen möglich ist. Wie der Wohlstand auf einzelne Menschen verteilt wird, ist nicht Gegenstand dieses Faktenblatts.
Systemgrenzen
Die dargestellten Produktivitätskennzahlen können auf globaler, nationaler oder betrieblicher Ebene ermittelt werden. Wichtig ist, dass die zeitlichen und räumlichen Systemgrenzen in Zähler und Nenner definiert und identisch sind. Die Wertschöpfung, Emissionen und Menschen müssen sich auf das gleiche System beziehen (Region, Staat, Branche, Unternehmen). Vor- oder nachgelagerte Systeme sind eindeutig abzugrenzen. Dies ist ein Grundprinzip konsistenter, ordnungsgemäßer Bilanzierung. Nur wenn die Summe von Wertschöpfung, Emissionen und Menschen von Teilsystemen mathematisch den Werten übergeordneter Systeme bzw. dem Gesamtsystem Welt entspricht, ist dieses erfüllt.
Durch systemübergreifende Verflechtungen erfolgt die Wertschöpfung nicht vollständig in einem System (Region, Staat, Unternehmen). Zur Ermittlung der geleisteten Wertschöpfung sind deshalb von dem Wert der erzeugten Güter und Dienstleistungen die von anderen Systemen bezogenen Vorleistungen abzuziehen.
Globale Situation
Nach Berechnungen der Vereinten Nationen (UN) hat die Weltbevölkerung am 15. November 2022 die Schwelle von acht Milliarden Menschen überschritten [10]. Im Jahr 1990 waren es noch 5,3 Milliarden Menschen. Das globale BIP zu jeweiligen Preisen betrug 2022 etwa 100 Billionen US$ [4]. Dies ging einher mit einer globalen CO2-Emission von etwa 37,1 Milliarden Tonnen [1].
Die Tabelle 1 enthält globale Kennzahlen für die Jahre 1990, 2020 und 2022 zum Vergleich:
Das globale BIP zu jeweiligen Preisen (nominal) wurde in der Tabelle näherungsweise mit der Inflationsrate der USA als globale Leitwährung indexiert, wobei 2020 als Basisjahr angenommen wurde.
Auf Basis der Tabellenwerte können beispielsweise die prozentualen Veränderungen der Kennzahlen von 1990 bis 2022 ermittelt werden:
- BIP real: + 98 %
- Bevölkerung: + 51 %
- Humanproduktivität: + 31 %
- CO2-Emission: + 63 %
- CO2-Produktivität: + 22 %
Will man die Erhöhung der Kohlendioxid-Emissionen verhindern, so muss die CO2-Produktivität mindestens um den gleichen Faktor wachsen, wie die Wertschöpfung. Während das globale Bruttoinlandsprodukt 1990 bis 2022 um etwa 98 Prozent gestiegen ist, wurde die globale CO2-Produktivität nur um etwa 22 Prozent erhöht. Die Folge davon ist eine Steigerung der globalen CO2-Emissionen um 14,3 Milliarden Tonnen (+ 63 Prozent).
Die aktuelle Entwicklung der Kennzahlen von 2020 bis 2022 zeigt eine fast unveränderte CO2-Produktivität, während das globale BIP real rund 4 Prozent gewachsen ist. Die Folge ist eine Erhöhung der globalen CO2-Emissionen um etwa 6 Prozent. Die Entwicklung in einzelnen Staaten ist dabei sehr unterschiedlich.
Die Tabelle 2 zeigt die Entwicklung der CO2-Emissionen für ausgewählte Länder im Vergleich:
In Ländern mit steigenden CO2-Emissionen war das Wertschöpfungswachstum größer als das CO2-Produktivitätswachstum. Solange die Emissionssteigerungen bestimmter Länder höher als die Reduzierungen anderer Länder sind, wird die globale CO2-Emission weiter steigen.
Nationale Situation
Deutschland hatte 2022 eine Bevölkerung von 84,4 Millionen Menschen [8]. Im Jahr 1990 waren es noch 79,8 Millionen. Das deutsche BIP zu jeweiligen Preisen lag 2022 bei 3.877 Milliarden Euro [7]. Dies ging einher mit einer nationalen Treibhausgas-Emission von etwa 746 Millionen Tonnen [9]. Der Anteil des Kohlendioxids an den Treibhausgasen betrug mit rund 666 Millionen Tonnen etwas mehr als 89 Prozent.
Die Treibhausgas-Emissionen teilten sich 2022 wie folgt auf einzelne Sektoren auf [9]:
- 34,3 % Energiewirtschaft,
- 22,0 % Industrie,
- 15,0 % Gebäude,
- 19,8 % Verkehr,
- 8,3 % Landwirtschaft,
- 0,6 % Abfallwirtschaft und Sonstiges.
Die Tabelle 3 enthält gerundete Kennzahlen für die Jahre 1990, 2020 und 2022 zum Vergleich:
Auf Basis der Tabellenwerte lassen sich folgende Veränderungen der Kennzahlen von 2022 gegenüber 2020 zu realen Preisen ermitteln:
- BIP real: + 3,4 %
- Bevölkerung: + 1,4 %
- Humanproduktivität: + 1,9 %
- CO2-Emission: + 2,9 %
- CO2-Produktivität: + 0,4 %
Da das BIP in diesem Zeitraum stärker als die CO2-Produktivität gestiegen ist, hat sich die nationale CO2-Emission absolut um 19 Millionen Tonnen erhöht. Anzumerken ist, dass es in den Jahren 2020 bis 2022 besondere Einflüsse durch die Corona-Pandemie gab.
Über einen längeren Zeitraum von 1990 bis 2022 ist das deutsche BIP real um 61 Prozent gestiegen. Die CO2-Produktivität konnte im gleichen Zeitraum um etwa 155 Prozent erhöht werden, wodurch eine Reduzierung der nationalen CO2-Emissionen um 389 Millionen Tonnen (– 37 Prozent) möglich war.
Um die nationalen Emissionen zu senken, sind hohe Anstrengungen in allen Gesellschaftssektoren erforderlich. Die Tabelle 4 zeigt die Veränderungen der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland nach Sektoren aufgeschlüsselt:
Im Industriesektor konnten die Treibhausgas-Emissionen um mehr als 40 Prozent gesenkt werden. Die deutsche Industrie hat aktuell noch einen Anteil von etwa 0,4 Prozent an den globalen Emissionen.
Die Tabelle 5 zeigt einen Vergleich der deutschen CO2-Produktivität mit den globalen Zahlen für das Jahr 1990 und 2022.
Die deutsche CO2-Produktivität lag 1990 etwa 11 Prozent über dem globalen Durchschnitt. Sie konnte in den letzten drei Jahrzenten um den Faktor 2,5 verbessert werden. Die globale CO2-Produktivität hat sich dagegen nur um den Faktor 1,2 verbessert. Deutschland hat somit im internationalen Vergleich eine überdurchschnittliche CO2-Produktivitätssteigerung realisiert. Der deutsche CO2-Produktivitätswert war dadurch im Jahr 2022 mehr als doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt.
Betriebliche Situation
Die globale und die nationale Situation bilden die Rahmenbedingungen, in denen sich einzelne Unternehmen bewegen. Trotz steigender globaler und nationaler Bevölkerungszahl klagen viele Betriebe in Deutschland über einen Arbeits- und Fachkräftemangel. Die Anzahl potenziell verfügbarer Arbeitskräfte sagt nichts über die Produktivität von Unternehmen aus. Diese wird allein über die Effektivität und Effizienz der Leistungsprozesse bestimmt. Durch eine höhere Produktivität kann der Arbeits- und Fachkräftemangel reduziert werden. Ebenso lassen sich durch eine höhere Produktivität der Bedarf an anderen knappen Ressourcen (Rohstoffe, Energie) und damit auch die Kosten der Wertschöpfung reduzieren. Jede Einsparung von Ressourcen ist zudem mit einer Reduzierung von CO2-Emissionen verbunden. Dadurch wird automatisch auch Klimaschutz betrieben.
Mit Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in nationales Recht, werden viele Unternehmen zukünftig verpflichtet jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Darin sollen Angaben zum Klimaschutz und damit zu CO2-Emissionen enthalten sein. Zusammen mit den bereits vorgeschriebenen wirtschaftlichen Daten im Jahresabschluss liegen die Basisdaten zur Ermittlung der CO2-Produktivität auch auf Unternehmensebene vor.
Die Abbildung 1 zeigt eine CO2-Bilanz auf betrieblicher Ebene, mit der auch eine Aussage zur CO2-Produktivität vorliegt:
Die dargestellte Bilanz berücksichtig in Anlehnung an das Greenhouse-Gas-Protocol direkte Emissionen des Scope 1 sowie indirekte Emissionen des Scope 2 und liefert die Grundlage zur Berechnung einer CO2-Produktivität.
Nachhaltiges Produktivitätsmanagement
Gegenstand eines »Nachhaltigen Produktivitätsmanagements« ist die kontinuierliche Verbesserung der Effektivität und Effizienz von Wertschöpfungsprozessen bei gleichzeitiger Beachtung wirtschaftlicher, umweltbezogener und sozialer Zielsetzungen.
Eine Produktivitätssteigerung kann grundsätzlich durch drei Maßnahmen erfolgen:
- Reduzierung der Ressourcenverschwendung: z. B. Eliminierung nichtwertschöpfende und kohlendioxidemittierende Prozesse und Aktivitäten.
- Ressourcentausch: z. B. Einsatz kosten- und emissionsreduzierter Materialien und Energieträger.
- Technikverbesserung: Nutzung verbesserter Anlagentechnik mit höherer Leistung bei geringeren Kosten und Emissionen.
Ein nachhaltiges Produktivitätsmanagement umfasst folgende Aufgaben (Abbildung 2):
- Produktivitätsmessung,
- Produktivitätsanalyse,
- Produktivitätsplanung und -steuerung,
- Produktivitätsverbesserung,
- Produktivitätsüberwachung.
Eine zentrale Bedeutung für alle Aktivitäten hat die Produktivitätsmessung mit Hilfe von Produktivitätskennzahlen wie sie vorgestellt wurden. Diese ermöglichen eine realistische und zielgerichtete Analyse, Planung, Verbesserung sowie kontinuierliche Soll-Ist-Überwachung der Produktivitätsentwicklung.
Fazit und Ausblick
In Politik, Gesellschaft und Wirtschaft hat der Klimaschutz an Bedeutung gewonnen. Damit Maßnahmen zum Klimaschutz erfolgreich sind, müssen sie auch wirtschaftliche sowie soziale Aspekte berücksichtigen und technisch machbar sein.
Die praktische Erfahrung zeigt, das umfangreiche Transformationen auf betrieblicher oder gesellschaftlicher Ebene Zeit, Ausdauer und eine ausreichende Motivation aller Beteiligten und Betroffenen erfordern. Transformationsprozesse sind kein Sprint, sondern ein Marathon.
Eine per Zwang verordnete Transformation mit unrealistischen Zielen und einem extrinsischen Motivationsansatz, der auf einer Forderung von Verzicht durch Erzeugung von Angst oder Panik sowie Bestrafung bei fehlender Zielerreichung basiert, ist zum Scheitern verurteilt. Zur Motivation sind Ansätze, die auf einer Belohnung durch Befriedigung von individuellen Bedürfnissen basieren, besser geeignet.
Von der Führung in Politik und Wirtschaft werden häufig »Null-Ziele« definiert. Beispiele hierfür sind Null-Fehler, Null- Unfälle, Null-Toleranz oder Null-Emission. In der Praxis werden diese jedoch nur selten erreicht. Sie stellen eher eine moralische Grundsatzforderung oder langfristige Vision dar und sind Ausdruck eines dauerhaften Strebens nach Perfektion in Bezug auf eine bestimmte Zielgröße. Zur Aufrechterhaltung der Motivation müssen sie durch realistische und mit konkreten Maßnahmen erreichbare Zwischenziele operationalisiert werden. Wichtig für die Aufrechterhaltung der Motivation ist, dass die Betroffenen und Beteiligten auch einen individuellen Nutzen und Erfolge ihrer eigenen Anstrengung und Arbeit erleben.
Wenn Gesetze und Zwangsverordnungen auf unrealistischen Zielen basieren und zu einer Verschlechterung der sozialen Situation und des Wohlstands führen, werden diese zu Demotivation, Gegenreaktionen und sozialen Konflikten führen. Damit wird das langfristige Ziel gefährdet.
Die Meinung, dass ein Wachstum von Wirtschaft und damit Wohlstand zwangsläufig zu steigenden CO2-Emissionen führt, kann wissenschaftlich widerlegt werden. Die Daten in diesem Faktenblatt zeigen, dass eine Entkopplung von CO2-Emissionen und Wirtschaftswachstum möglich ist. Deutschland ist dafür ein gutes Beispiel. Obwohl die Wirtschaftsleistung seit 1990 um etwa 61 % gewachsen ist, haben sich die CO2-Emissionen um rund 37 % reduziert. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer Steigerung der CO2-Produktivität um den Faktor 2,5.
Zur Erfolgsmessung und -steuerung bieten sich Produktivitätskennzahlen, wie die Humanproduktivität und die CO2-Produktivität an. Sie können für beliebige Systeme von Unternehmen bis globaler Wirtschaft ermittelt werden. Sie Verknüpfen Wohlstands- und Klimaschutzinteressen. Sie zeigen Potenziale, Zusammenhänge und die zeitliche Entwicklung auf. Daraus können faktenbasierte Schlussfolgerungen für Strategien, Maßnahmen und Entscheidungen gezogen werden.
Bei wirtschaftlichem Wachstum, Produktivität und CO2-Emissionen existieren auf Länder-, Sektor- und Unternehmensebene zum Teil große Unterschiede. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Praktische Erfahrungen im Produktivitätsmanagement zeigen, dass am Anfang hohe Verbesserungen mit geringem Aufwand möglich sind. Mit zunehmendem Produktivitätsniveau steigt jedoch der Aufwand für Verbesserungen. Es macht deshalb Sinn, das aktuelle Produktivitätsniveau laufend zu bewerten und sich auf die Bereiche bzw. Systeme mit dem geringsten Produktivitätsniveau und höchstem Einsparpotenzial zu konzentrieren.
Die Zahlen zeigen, dass die CO2-Emissionen in einigen Staaten und Sektoren stark reduziert werden konnten. Weitere Reduzierungen haben in diesen jedoch immer weniger Einfluss auf die aktuell noch negative globale Gesamtentwicklung. Die weitere Entwicklung wird zukünftig von Ländern, Sektoren und Unternehmen bestimmt, deren jährliche CO2-Emissionen bisher nicht reduziert wurden, sondern im Gegenteil – weiterhin mit hohen Raten wachsen. Ob es gelingt, bei diesen eine Trendumkehr zu erreichen, hängt von der wirtschaftlichen und technischen Machbarkeit sowie Motivation zur Trendumkehr ab. Erforderliche Investitionen und Anstrengungen zur Transformation müssen attraktiv für die betroffenen Akteure sein. Dabei können positive Praxisbeispiele helfen. Beispiele, in denen eine CO2-Reduktion zu Wohlstandsverlust geführt hat, sind jedoch nicht hilfreich.
Literatur
[1] Friedlingstein P, Zeke H (2022) Analyse: Globale CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen erreichen 2022 Rekordhoch. Nov 11, 2022. Abgerufen am 12.06.19 unter: https://www.weforum.org/agenda/2022/11/global-co2-emissions-fossil-fuels-hit-record-2022
[2 Statista (2023). USA: Inflationsrate von 1981 bis 2022 und Prognosen bis 2028(gegenüber dem Vorjahr). Abgerufen am 11.09.23 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/165718/umfrage/inflationsrate-in-den-usa
[3] Statista (2023). Inflationsrate in Deutschland von 1950 bis 2020. Abgerufen am 11.09.23 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/4917/umfrage/inflationsrate-in-deutschland-seit-1948
[4] Statista (2023). Weltweites Bruttoinlandsprodukt (BIP) in jeweiligen Preisen von 1980 bis 2022 und Prognose bis 2028. Abgerufen am 11.09.23 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/159798/umfrage/entwicklung-des-bip-bruttoinlandsprodukt-weltweit
[5] Global Carbon Atlas (2024). Abgerufen am 04.09.24 unter: https://emissions.globalcarbonatlas.org/index.php
[6] Statistisches Bundesamt (2023). Tabellen: Internationale Statistiken zu allen UN-Staaten der Welt nach Kontinent sortiert. Abgerufen am 25.10.23 unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/_inhalt.html
[7] Statistisches Bundesamt (2023). Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen. Abgerufen am 11.09.23 unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt/_inhalt.html#227270
[8] Statistisches Bundesamt (2023). Bevölkerung nach Gebietsstand (seit 1990). Abgerufen am 11.09.23 unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/Tabellen/liste-gebietstand.html#249750
[9] Umweltbundesamt (2023). Emissionsübersichten nach Sektoren des Bundesklimaschutzgesetzes 1990 bis 2022. Abgerufen am 11.09.23 unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/treibhausgas-emissionen
[10] UN-Bevölkerungsabteilung (UNPOP) (2022) World Population Prospects. Abgerufen am 11.09.23 unter: https://population.un.org/wpp
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